NOACHS KASTEN
IV
Ganz genau nach sieben Tagen
fing Gott an, die Welt zu plagen:
Auf ihr Feuer goß er Wasser,
und es wurde immer nasser,
Flüsse stiegen aus dem Bett,
Bächlein wurden dick und fett,
überfluteten Kasernen,
wo die Menschen töten lernen,
auch die Kirchen und die Schulen,
Banker, Stars und Großmogulen –
alles riß das Wasser hin,
selbst die Säufer und den Gin.
Rettungsschwimmer, dicke Männer,
Supermodels, reiche Penner,
Wasserheiler, Paladine
soffen ab mit einer Miene
der Empörung: „Menschenskind,
weiß denn Gott nicht, wer wir sind?“
(Gott, da will ich gar nicht lügen,
sah auf manches mit Vergnügen.
Viele, denen er geholfen,
daß sie helfen, traf’s beim Golfen…)
Noachs Kasten in der Flut
blieb alleine dicht und gut.
NOACHS KASTEN
V
Dafür kann man sich nichts kaufen,
daß die Schlimmeren ersaufen.
Wenn sie weg sind, sucht das Rechten
noch im Guten nach dem Schlechten…
(Diesem Teufelskreis entgeht,
wer sich nicht um sich nur dreht.)
Noach muß derweil was tun.
Zwischen Auerochs und Huhn
hat er Neid und Streit zu schlichten
und als Mann und Vater Pflichten,
die er kaum erfüllen kann.
(Großes Alter, kleiner Mann!)
Monate sind hingegangen.
Auf des Kastens Wäschestangen
hockt ein flugbereiter Rabe,
um die schönste Morgengabe
Gottes heimzuholen: „Jetzt
laß ich alle unverletzt!“
Doch sein Ausflug endet kläglich.
Er vermeldet zwar, daß täglich
alles rückfließt. Aber Frieden
ist der Welt noch nicht beschieden.
(Noach, halt die Ohren steif!
Mittags schmilzt der Morgenreif.)