LOB DES UMLAUTS

VOGELLIED
Akrostichon

Unter den zahllosen Dichtern und Sängern
Leben die besten zuletzt.
Rhythmisch gejagt und gehetzt,
Irrsinnig süchtig, sich zu verlängern…

Clarissen, Charlotten lieben und schwängern
Hat all’s seine Zeit… Aber jetzt
Gehen die Uhren anders. Vernetzt
Rettet uns nicht mehr viel vor den Fängern…

Auffliegen, anfangen, anders beginnen,
Still werden, landen, ganz unten sein,
Nachts noch verbliebene Federn zwingen,

Irgend Licht, Leben in Linien zu bringen…
C‘ est la poésie! Ihr flirrender Schein
Kommt dunkel verflattert von innen.

4. Juni 1988

LOB DES UMLAUTS

MOZART

Nichts als die hörbar abgehobne
Logik unaufgehobnen Seins.
Alogisch ostinat: Verschrobne,
Verzopfte Gegenwart des Scheins.

Und meloshaftes Übersingen
Fataler Pausen mittendrin.
Die totgeglaubten Menschen springen,
Die Schalen sprengend, zwischenhin.

Wer auf sie hofft, muß Trauer tragen,
Die sich als Fröhlichkeit drapiert.
Wir haben weiter nichts zu sagen
Als dies: Wer überhört, verliert…

24. Dezember 1986