NACHSATZ: VOR HEINE
2
Am Neunten zur zehnten Stunde nachts stand
Bäcker Lehmanns Türe weit offen,
Rotweins ermangelnd, weinte ich mir
Die Augen rot… Wie besoffen
Schlich ich Bornholmens Straße hinauf
Zur Brücke, die aufbäumend hinführt
Zum Roten Wedding am bereinickten Dorf,
Dessen Raine Holzkreuz um -kreuz ziert…
(Wieviel ist gestorben worden am Wall?
Warum hab ich stille gehalten?
Ich übte im Goldenen Käfig den Fall
Aus freier Höhe vor all den Gewalten!)
So plötzlich entgittert, wollt‘ ich zurück.
Da kamen Giesbert Mangliers und Sabine!
Noch ganz umschnurt, unterfaßten sie mich
Und hoben mich auf die Schiene
Alldeutscher Reichsbahn, die unentwegt rollt,
Besetzt mit all den Gestalten
Künftiger deutscher Vergangenheit…
Wer wollte uns jetzt noch aufhalten?
NACHSATZ: VOR HEINE
Wir sind die Helden von Leipzig, Berlin,
Korrigieren statt uns die Geschichte:
Hitler – das eine; das Schlimmre: Stalin!
Wir verteiln die Gewichte
Zu unsren Gunsten, nach deutschem Konzept:
Schuld mindert Schuld!… Das Addieren,
Ist Sache der Gläubiger. Ungläubig gehen
Wir aufrecht auf allen vieren.
Das schlechte Gedächtnis ist meiner Nation
So eigen wie ihre Despoten:
Sie eben erhebend, sehn wir den Thron
Beklatscht und umringt von Idioten.
Gottseidank, sind wir nie selber dabei,
Wir halten uns stets in der Ferne.
(Auch meine Verdienste, nun bin ich so frei,
Wärn allemal gut für drei Sterne
Auf geflochtenem Grund! Die Dresdener Bank
Will mir dennoch nichts kreditieren.
Bitte, bezeugt doch: Inoffiziell
War ich keiner von uns: von den ihren!)