MUTMASSUNGEN ÜBER JOSEPH
IKONOGRAPHISCH
Christus, der Mittler, am Rande. Am Rand, in der Rast, im Elend. Als nahezu orphischer Mythos im Mythos. Zwischen klassisch versteinertem Ideal und der immer wieder zunichte gemachten, erschlagenen Hoffnung die Gegenwart der Ratlosigkeit.
Im Rücken das verstümmelte Abbild der Aphrodite von Melos, zur Rechten die unzulänglich von ihr Beschirmte.
Zwischen „Lasset uns Menschen machen, ein Bild, das uns gleich sei …“ und „Lasset uns Bilder machen, Götter, denen wir gleich werden“ siedelt Gottes unbehauster, menschlicher Sohn, der göttliche Sohn des Menschen, der sich verzweifelt und bis zur Selbstauslöschung der Versteinerung des Glaubens, Wissens und Handelns erwehrt.
Sein Aus-dem-Bilde-Treten – schon ist er am Rande – wird gleichfalls zum Bild: für sein Verschwinden aus der Grabkammer und seine Ankunft in unserer unvorstellbaren Sehnsucht nach seiner Gegenwart.
MUTMASSUNGEN ÜBER JOSEPH
BEI SO VIEL GOLGATHA
Bei so viel Golgatha
Ist Skepsis angebracht:
Welches von den armen Schweinen
Ist denn nun das Opferlamm?
Bei so viel Golgatha
Kommt Sprache glatt um den Verstand,
Mit ihm der Mensch
Um Sprache.
Das Wort vom Menschen
Und vom Menschensohn
Flieht steingrau ins Vokabular
Der Landser und der Riten.